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19.11.2009 Leipzig - Gitarrenhunger Bericht & Fotos: Kerstin Kühn
„Gitarrenhunger?“ Da fällt dem gelernten, in einem bestimmten Alter befindlichen, ehemaligen DDR-Bürger doch spontan das Gitarrero-Projekt ein. Das muss man doch im Auge behalten: Wenn Pitty, Hassbe, Herr Petereit und Co. wieder aufleben würden … Und wirklich die Idee lebt wieder auf! Nun zwar in etwas anderer Besetzung. Und doch zieht esuns gestern unweigerlich magisch nach Leipzig in den Anker. Also nach der Arbeit rein ins Auto und auf nach Sachsen! Was haben wir nach dieser Vorankündigung im Netz eigentlich erwartet? „Gitarrenhunger“ – der muss gestillt werden. Also wird es wohl einen musik-kulinarischen Leckerbissen, ein ausgefeiltes Mehrgänge-Menü geben. Wir erwarten: Einen tollen Abend mit acht fantastischen ostdeutschen Gitarristen aus tollen Bands als gemeinsame neue (vielleicht sogar) Super-Band. Dazu die spezial-guests! Das kann ja nur Spaß machen. Angekommen in Leipzig, die Zeit noch etwas mit Gesprächen überbrückt und dann: Heute Bestuhlung im Anker – eine sehr angenehme Atmosphäre. Bei rechtzeitigem Erscheinen sind uns natürlich auch die fototechnisch guten Plätze sicher, das funktioniert inzwischen fast überall. Wir sind voller froher Erwartung. Uns überrascht die Idee, einen Countdown bis zum Veranstaltungsbeginn laufen zu lassen. Schließlich geht es los und Axel Philipp führt durchs Programm. Er gibt sich viel Mühe, die Künstler angemessen zu präsentieren. Aber im ersten Teil wird unserer Meinung nach zunächst doch ein wenig viel geredet. Ehrengast Kuno gleich als Ersten zu präsentieren, sozusagen der Aperitif des Abends, entbehrt natürlich auch nicht einer gewissen Symbolik. Er meistert die für ihn immer noch unangenehme Situation mit seinem bekannt schwarzen Humor. Er hat das Publikum nach wenigen Worten fest im Griff und die Lacher auf seiner Seite. Sein Solospiel zeigt, dass das heute Abend doch etwas anders laufen wird, als wir erwartet haben. Wir haben uns ja gitarreromäßig das Zusammenspiel aller in einem gemeinsamen Konzert vorgestellt. Nun zelebrieren die „Gitarrenhungrigen“ jeder einzeln mit einem Logo, einer Visitenkarte und drei Titeln, von Axel Philipp entsprechend in Szene gesetzt, ihren großen Appetit. Etwas gewöhnungsbedürftig diese Bewirtung. Dann folgen die Vorspeisen: Jeder der Künstler, ob nun Herr Petereit, der irgendwie ein wenig gestresst erschien oder Jörg Wilkendorf, der ganz schön experimentieren konnte, zeigte sein großes Können. Mit dem Auftritt der Erfurter Blueslegende Jürgen Kerth wurde der erste Teil der Veranstaltung beendet und das Publikum nach etwa anderthalb Stunden Konzert in eine Rauch- und Luftholpause geschickt. Im zweiten Teil des Festes wurde der Hauptgang serviert: Bodo Kommnick von Lift, der bereit war ein Feuerwerk zu zünden, das dann von Michael Schirrmacher von NRC und Basti Bauer von Knorkator weitergetragen wurde. Am Schluss der beste unter den besten Gitarristen, sozusagen das Dessert: Uwe Hassbecker von Silly. Die Gitarre in die Hand und los gings. Da lag Dynamit drin. Er hat das gezündete Feuerwerk explodieren lassen und das Publikum ging dabei bereitwillig mit … Wir wollten es schon gar nicht mehr glauben: Zum krönenden Abschluss gab es dann doch noch ein Sahnehäubchen oben drauf: ein von allen gemeinsam gespieltes Stück: den Bolero von Ravel! Da war sie dann doch – die Gänsehaut! He, das war ein supertoller Abschluss des Konzertabends. Und als Zugabe dann noch ne Improvisationsrunde aller. Gut, Jungs – am Ende waren wir doch noch mehr als nur versöhnt und sogar glücklich. So wurde es also ein gelungener, wenn auch nicht so erwarteter Abend. Erwartet hatten wir ein Zweistundenkonzert von acht begnadeten Gitarristen, vielleicht auch von einem Keyboard und einem Schlagzeug begleitet, gemeinsam in einer Band. Erhalten haben wir drei Stunden Gitarrensoli vom Feinsten und Allerfeinsten. – Ja, es gibt auch im Alltag von passionierten Konzertbesuchern noch Überraschungen, und sogar positive. Danke den Veranstaltern, der Crew und allen Beteiligten. Danke an Axel Philipp für die Idee. Danke an Simone Dake für die Realisierung und danke an die Künstlern für ihre Glanzleistungen. Und endlich gab es mal die Möglichkeit für wirklich tolle Bilder, da nicht, wie sonst üblich, mit Licht und Nebel unendlich viel gespielt wurde. Auch dafür ein herzliches Dankeschön. Nun fällt die Auswahl der Bilder für den Konzertbericht natürlich schwer. Fazit: Es hat sich gelohnt, auch mal mitten in der Woche eine Nacht mit etwas weniger Schlaf auszukommen. Schön wäre nun noch, wenn es dazu eine CD oder einen DVD-Mitschnitt geben würde.